Linda M. hat sich über Kontakt beim Come Together in der Lokstedter Höhe Schritt für Schritt Anfang 2015 etwas unverhofft in einer Patenschaft wiedergefunden für eine Familie mit 4 Kindern, die ursprünglich aus Dagestan kommt.
Freundlicherweise hat sie jetzt (07/2016) mal kurz ihre Erfahrungen, Eindrücke und ein paar Tipps für uns aufgeschrieben. Danke!
Meine Erfahrungen mit einer Patenschaft
Das Wichtigste zuerst: ich finde im idealen Fall finden sich Paten und Familie!
Sich aktiv eine Patenfamilie zu suchen stelle ich mir schwierig vor – weil das Wichtigste in einer Patenschaft ist Sympathie und Vertrauen. Die Chemie muss sozusagen stimmen – und zwar auf beiden Seiten!
Man selbst sollte mit keiner zu konkreten Vorstellung an die Sache rangehen – zum Beispiel was die Themen der Hilfestellung angeht! Und man sollte viel Geduld mitbringen – die betreffende Familie braucht unter Umständen sehr lange Zeit sich überhaupt auf fremde Hilfe einzulassen – in der Heimat haben sie schließlich auch alles gut alleine hinbekommen.
Ich habe sehr gute Erfahrungen mit einem festen gemeinsamen Treffen gemacht. Ich bin am Anfang sehr verlässlich jeden Mittwoch um Punkt 18 Uhr da gewesen.
Diese Treffen waren je nach Stimmung natürlich sehr unterschiedlich. Meist haben wir erst eine ganze Weile Kaffee getrunken und small talk geführt – erst dann sind sie langsam mit den wichtigen Themen rausgerückt.
Ich habe versucht ihnen nie meine Hilfe aufzudrücken, sondern immer gewartet, bis sie konkrete Fragen an mich gestellt haben.
Nach einer Zeit haben sich feste Rituale entwickelt – wir haben immer gemeinsam die Post durchgeschaut, versucht diese nach Prioritären zu sortieren und dann nach und nach abzuarbeiten. Dabei habe ich so viel wie möglich versucht direkt an sie zurück zugeben, um ihre Autonomie zu wahren.
Am Anfang war zudem die regelmäßige Begleitung zur Ausländerbehörde ein fester Bestandteil der Patenschaft. Ich bin zu fast allen Terminen mitgegangen – manchmal nur, um gemeinsam die lange und nervenaufreibende Wartezeit auszuhalten und danach, nach einem negativen Bescheid, einfach noch ein bisschen gemeinsam die Nachricht auszuhalten. Für die rechtlichen Fragen ist dabei ein guter Anwalt zwingend notwendig!
So lange das Asylverfahren noch läuft, sind die meisten anderen Dinge für die Erwachsenen nebensächlich – die Angst vor der Abschiebung ist zu übermächtig. In dieser Zeit habe ich mich vor allem auf die Bedürfnisse der Kinder konzentriert – Schulan-und Ummeldung, Sportverein, Arztbesuche (dabei vor allem auf die Einhaltung der U-Untersuchungen achten!). Die Eltern konnten sich erst nach dem positiven Gerichtsurteil auf Deutschkurse usw. einlassen.
Allgemeine Tipps:
- versucht kleine Projekte an andere Ehrenamtliche abzugeben – alles alleine schafft man einfach nicht. Wir waren am Ende zu zweit! Das war vor allem in Urlaubszeiten usw. wahnsinnig wichtig und hilfreich. Aber auch als mentale Unterstützung.
- Benennt klar eure Grenzen – zeitlich usw.
- macht gemeinsam auch schöne Dinge – wir haben uns über zahlreiche Geburtsfeste usw. am besten kennengelernt.
- immer versuchen im Dialog zu bleiben – was wünscht die Familie sich gerade am meisten, wobei braucht sie gerade am meisten Unterstützung
- achtet immer auf die Einhaltung der Autonomie – diese Menschen sind nur hier auf Hilfe angewiesen – in ihren Heimatländern waren sie selbstständig und unabhängig.
- wenn der Asylprozess abgeschlossen ist (was wie gesagt das aller aller wichtigste ist), dann kümmert euch um die Wohnungssuche. Die Wohnungssuche war einer der anstrengendsten und schwierigsten Teile – aber seit die Familie einen eigenen Rückzugsort hat, haben sich die meisten Probleme in Luft aufgelöst.